Weitere Forschungsergebnisse

01.07.2021

Studie: Auswirkungen simulierten nächtlichen Straßenverkehrslärms auf die Endothelfunktion gesunder Erwachsener

Die neue Straßenverkehrslärm-Studie des Zentrums für Kardiologie untersucht die Auswirkungen von nächtlichen Verkehrsgeräusche auf Herz- und Kreislauffunktion. Insbesondere Veränderungen in der Funktion von Blutgefäßen sollen erforscht werden. 
Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass Flug- und Bahnlärm mit höherem Blutdruck und Puls verbunden ist. Über Auswirkungen von Straßenverkehrslärm auf Gefäße ist bisher noch zu wenig bekannt. Um die gesundheitlichen Folgen von Lärmeinwirkung in diesen Zeiten einschätzen zu können und Hinweise darauf zu erhalten, welche Faktoren das Ausmaß einer möglichen Schädigung bestimmen, sind weitere Untersuchungen nötig. Diese Studie soll zur Beantwortung offener Fragen beitragen.

Die Versuchsteilnehmer (Probanden) werden während drei Nächten unterschiedlichen Geräuschmustern mit simuliertem Straßenverkehrslärm ausgesetzt. Davon enthält eine Nacht keine Geräusche und dient als Vergleich, die anderen beiden Nächte dahingegen schon. Dazu werden insgesamt 30 und 60  Straßenverkehrsgeräusche von maximal 60 dB mit unterschiedlichen Abständen abgespielt. Die Geräusche dauern dabei 2-3 Minuten, die maximale Lautstärke wird nur für wenige Sekunden erreicht. Zum Vergleich: ein Fernseher mit normaler Lautstärke hat ca. 60 dB(A), eine Hauptverkehrsstraße ca. 80-90 dB, dauerhafte Hörschaden sind bei längerfristigen Lautstärken über 85 dB zu erwarten.

Die Straßenverkehrslärmsimulation erfolgt über ein handelsübliches Musik-Abspielgerät bei Ihnen zu Hause. Dazu erhalten Sie von uns die entsprechenden Geräte und stellen diese dann nach entsprechender Anleitung in Ihrem Schlafzimmer auf. Beim ersten Aufstellen können Sie dabei von einem unserer Mitarbeiter unterstützt werden. Gleichzeitig geben wir Ihnen auch ein speicherndes Schallpegelmessgerät mit, welches die Lautstärke registriert. Tonaufnahmen erfolgen dagegen selbstverständlich nicht, sodass Ihre Intimsphäre hier gewahrt bleibt. Gleichzeitig tragen Sie als Versuchsperson ein Gerät zur Aufzeichnung des EKGs und verschiedener Schlafparameter -wie Bewegungsmessungen- an Ihrem Körper. Dieses Gerät ist mit einem Langzeit-EKG vergleichbar, welches Sie vielleicht schon kennen. Es erfolgen Messungen vor Beginn, während den Nächten und jeweils am Morgen nach einer Versuchsnacht.

Alle Infos zur Studie finden Sie hier. 

 

 

 

30.11.2020

Nachtfluglärm erhöht akut Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen - Neue bedenkliche Daten vom Züricher Flughafen

Zum ersten Mal hat eine Studie gezeigt, dass lauter Fluglärm in der Nacht innerhalb von zwei Stunden zum Herz-Kreislauf-Tod führen kann. Forschende des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts (Swiss TPH) und Partner haben die Sterblichkeitsdaten mit der akuten nächtlichen Lärmbelastung um den Flughafen Zürich zwischen 2000 und 2015 verglichen. Die Ergebnisse der Studie wurden aktuell im renommierten European Heart Journal veröffentlicht.

Luftverschmutzung ist ein etablierter Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD). Umweltlärm, der hauptsächlich in städtischen Gebieten mit Luftverschmutzung einhergeht, wurde bisher viel weniger beachtet. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass allein die in Westeuropa verursachte Lärmbelastung bis zu 1,6 Millionen gesunde Lebensjahre pro Jahr kostet, hervorgerufen durch Schlafstörungen und Lärmbelästigung. Auch die „kardiovaskuläre Belastung“ durch Lärm ist erheblich. Für die Europäische Union wird geschätzt, dass Transportlärm zu 900.000 Fällen von Bluthochdruck, 43.000 Krankenhauseinweisungen und mehr als 10.000 vorzeitigen Todesfällen pro Jahr im Zusammenhang mit koronarer Herzkrankheit und Schlaganfall führt. Die meisten Studien über Verkehrslärm und Herz-Kreislauf-Sterblichkeit konzentrierten sich bisher auf die langfristige Lärmbelastung. Diese Studien zeigen auf, dass chronische Lärmbelastung ein Risikofaktor für die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit ist. Insgesamt können in Europa rund 48.000 Fälle von ischämischen Herzerkrankungen pro Jahr auf Lärmbelastung zurückgeführt werden, insbesondere auf Straßenverkehrslärm. Die Studie des Swiss TPH zeigt zum ersten Mal, dass akuter nächtlicher Fluglärm innerhalb von zwei Stunden ab der Lärmbelastung einen Herz-Kreislauf-Tod auslösen kann. Die heute in der Fachzeitschrift European Heart Journal veröffentlichte Studie ergab, dass das Risiko eines Herz-Kreislauf-Todes bei einer nächtlichen Lärmbelastung zwischen 40 und 50 Dezibel um 33 Prozent und bei einer Belastung über 55 Dezibel um 44 Prozent steigt. "Wir haben festgestellt, dass zwischen 2000 und 2015 bei ungefähr 800 von 25.000 Herz-Kreislauf-Todesfällen in der Nähe des Flughafens Zürich Fluglärm die Ursache war. Dies entspricht drei Prozent aller beobachteten Herz-Kreislauf-Todesfälle", sagt Martin Röösli, Korrespondenzautor der Studie und Leiter der Einheit "Environmental Exposures and Health" am Swiss TPH. Gemäss Martin Röösli zeigen die Ergebnisse, dass Fluglärm ähnliche Auswirkungen auf die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit haben kann wie Emotionen (zum Beispiel Wut oder Aufregung). "Die Ergebnisse überraschen nicht, denn wir wissen, dass eine Lärmbelastung in der Nacht Stress verursacht und den Schlaf beeinträchtigt", erklärt er. In ruhigen Gegenden mit wenig Eisenbahn- und Straßenverkehrslärm war die nächtliche Fluglärmwirkung stärker ausgeprägt. Dies war auch der Fall bei Menschen, die in älteren, weniger isolierten und damit lärmanfälligen Häusern wohnen. Am Flughafen Zürich gilt ein Flugverbot zwischen 23.30 und 6.00 Uhr. "Auf Basis unserer Studienergebnisse können wir folgern, dass dieses nächtliche Flugverbot zusätzliche Herz-Kreislauf-Todesfälle verhindert", so Röösli. Die Lärmbelastung wurde anhand einer Liste aller Flugzeugbewegungen beim Flughafen Zürich zwischen 2000 und 2015 und in Verbindung mit bereits vorhandenen Berechnungen der Fluglärmbelastung modelliert. Dabei berücksichtigt wurde der Flugzeugtyp, Flugroute sowie Tages- und Jahreszeit. „Diese Studie muss Konsequenzen haben“, kommentiert der Kardiologe und Fluglärmforscher Prof. Dr. Thomas Münzel, der den Artikel der Schweizer Arbeitsgruppe im European Heart Journal kommentieren durfte. „Vorstellbar wäre, wie schon von Prof. Röösli angekündigt, ein Nachtflugverbot für die gesetzlich definierte Nacht von 22.00 – 6.00 Uhr, da nachweislich die plötzlichen Todesfälle aufgrund von Herz-Kreislauf-Ereignissen nachts stattgefunden haben“ so Münzel, der gleichzeitig auch Vorstandsmitglied der Stiftung Mainzer Herz ist. Münzel fährt fort: „Man darf nicht vergessen, dass wir bei unseren Fluglärmuntersuchungen nachgewiesen haben, dass insbesondere der Nachtfluglärm für unser Herzkreislaufsystem besonders schädigend ist.“

Über die Studie Saucy, A., Schäffer, B., Tangermann, L., Vienneau, D., Wunderli, J. M., Röösli, M. Does nighttime aircraft noise trigger mortality? A case-crossover study on 24,886 cardiovascual deaths. (2020) European Heart Journal. DOI: 10.1093/eurheartj/ehaa957

Weitere Studien zum Nachtfluglärm:

1. Kroller-Schon S, Daiber A, Steven S, Oelze M, Frenis K, Kalinovic S, Heimann A, Schmidt FP, Pinto A, Kvandova M, Vujacic-Mirski K, Filippou K, Dudek M, Bosmann M, Klein M, Bopp T, Hahad O, Wild PS, Frauenknecht K, Methner A, Schmidt ER, Rapp S, Mollnau H, Munzel T. Crucial role for Nox2 and sleep deprivation in aircraft noise-induced vascular and cerebral oxidative stress, inflammation, and gene regulation. Eur Heart J 2018;39(38):3528-3539.

2. Munzel T, Daiber A, Steven S, Tran LP, Ullmann E, Kossmann S, Schmidt FP, Oelze M, Xia N, Li H, Pinto A, Wild P, Pies K, Schmidt ER, Rapp S, Kroller-Schon S. Effects of noise on vascular function, oxidative stress, and inflammation: mechanistic insight from studies in mice. Eur Heart J 2017;38(37):2838-2849.

3. Schmidt F, Kolle K, Kreuder K, Schnorbus B, Wild P, Hechtner M, Binder H, Gori T, Munzel T. Nighttime aircraft noise impairs endothelial function and increases blood pressure in patients with or at high risk for coronary artery disease. Clin Res Cardiol 2015;104(1):23-30.

4. Schmidt FP, Basner M, Kroger G, Weck S, Schnorbus B, Muttray A, Sariyar M, Binder H, Gori T, Warnholtz A, Munzel T. Effect of nighttime aircraft noise exposure on endothelial function and stress hormone release in healthy adults. Eur Heart J 2013;34(45):3508-14a.

30.09.2020

Wenige, laute Fluglärm-Ereignisse verschlechtern die Gefäßfunktion im gleichen Ausmaß wie häufige, leisere Ereignisse

Lärmforscher der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Cancer Society Dänemark weisen erstmals auch eine Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens durch Nachtfluglärm nach - zur Pressemeldung 

13.08.2020

Umweltfaktoren wie Lärm und Luftverschmutzung im Kontext mit Gefäßkrankheiten 


Laut WHO sind nicht übertragbare Krankheiten die Haupttodesursache weltweit. Rund 70% aller jährlichen Todesfälle gehen zurück auf kardiovaskuläre Risikofaktoren wie Rauchen, ungesunde Ernährung oder Übergewicht. Diese Faktoren kann der Mensch selbst beeinflussen, solche wie Verkehrs-/Fluglärm oder Luftverschmutzung allerdings kaum. Diese Faktoren tragen jedoch ebenfalls zu der großen Zahl an kardiovaskulären Erkrankungen bei. 
In der neuen Übersichtsarbeit der Forscher am Zentrum für Kardiologie, veröffentlicht im Fachblatt ARS, wird die Pathophysiologie von Gefäßschäden durch Lärm und Luftverschmutzung diskutiert - mit besonderem Fokus auf frühe, noch unerkannte Schäden, wie endothelialer Dysfunktion, und der Rolle von oxidativem Stress. 

https://www.liebertpub.com/doi/10.1089/ars.2020.8090

17.07.2020

Wenige, laute Fluglärm-Ereignisse verschlechtern die Gefäßfunktion im gleichen Ausmaß wie häufige, leisere Ereignisse

Lärmforscher der Johannes Gutenberg-Universität und aus Dänemark weisen erstmals auch eine Einschränkung der Pumpfunktion des Herzens durch Nachtfluglärm nach

Verkehrslärm beeinträchtigt das Leben vieler Menschen, vor allem in Deutschland. Aktuelle Daten des Umweltbundesamtes zeigen, dass sich 75 Prozent der deutschen Bevölkerung vom Straßenverkehrslärm gestört bzw. belästigt fühlen, 42 Prozent vom Fluglärm und 35 Prozent vom Schienenverkehrslärm. Die Beeinträchtigungen durch Verkehrslärm haben in den letzten zehn Jahren nur unwesentlich abgenommen, im Falle des Fluglärms wird sogar davon ausgegangen, dass die Belastungen eher zugenommen haben. Bleiben diese Belastungen in der Bevölkerung konstant, ist mit gesundheitlichen Risiken zu rechnen.
Eine bisher ungeklärte Fragestellung war: Was ist wichtiger für die Auslösung eines Gefäßschadens?  Die Intensität (Lautheit) der Lärmereignisse - oder die Häufigkeit der Lärmereignisse, wobei jeweils von einem gleichen mittleren Schallpegel ausgegangen wird.
In der aktuellen Untersuchung konnte das Studienteam  bestehend aus PD Dr. Frank Schmidt, Dr. Omar Hahad, Univ.-Prof. Dr. Andreas Daiber, Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel von der Universitätsmedizin Mainz der Johannes Gutenberg-Universität, sowie der renommierten Lärmforscherin Dr. Mette Sørensen aus Dänemark erstmals demonstrieren, dass 60 simulierte Nachtflüge mit Spitzenschallpegeln von 60 dBA und 120 Überflüge mit Spitzenpegeln von 57 dBA bei einem gleichen mittleren Schallpegel von 45 dBA vergleichbare Gefäßschäden auslösen. Dabei muss man berücksichtigen, dass die Reduktion um 3 dBA von 60 auf 57 dBA eine Halbierung der Schallintensität bedeutet. Zudem wurde auch die diastolische Pumpfunktion des Herzens beeinträchtigt, d.h. die Fähigkeit des Herzens, während der Entspannungsphase ausreichend Blut aufzunehmen.
„Dies ist ein wichtiger Befund“, kommentieren PD Dr. Schmidt und Prof. Thomas Münzel, „da er zumindest für die Gefäßfunktion belegt, dass die mittleren Schallpegel und nicht Einzelschallereignisse als Maß für spätere Gefäßschäden herangezogen werden sollten. Zudem steht der Nachweis der akuten Verschlechterung der Pumpfunktion des Herzens im Einklang mit Ergebnissen, die über ein vermehrtes Auftreten von Herzschwäche als Folge von chronischem Fluglärm berichtet haben“.
Weiterhin fordert Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel: Insbesondere auf Grundlage der kürzlich erschienenen Lärmrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die deutlich niedrigere Verkehrslärmpegel auch für die Nacht empfehlen, sind Konsequenzen insbesondere auch im Hinblick auf die Ausdehnung des Nachtflugverbots angebracht.“

23.04.2020

Lärm macht das Herz krank: Lärmbelastung führt zur Überproduktion herzeigener Hormone und erhöht die Sterblichkeit 

Dass Umweltbelastungen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Herzinfarkt signifikant erhöhen, ist bereits bekannt. Eine aktuelle Studie der Gutenberg-Gesundheitsstudie, die von der Stiftung Mainzer Herz unterstützt wird, unterstreicht nun das Gefahrenpotential von Lärmbelastung und untersuchte deren krankmachenden Ursachen. Die Wissenschaftler entdeckten einen auffälligen kardialen Stressmarker, der prognostische Konsequenzen aufweist - das sogenannte mitregionale pro-atriale natriuretische Peptid (MR-proANP) als Verursacher für die stressbedingten Erkrankungen. Das Hormon wird bei Überbelastung vom Herzen vermehrt gebildet. Erhöhte MR-proANP Werte können zu einer stärkeren Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie einer erhöhten Sterblichkeitsrate beitragen. 

Experten der EU warnen bereits seit langem neben Schadstoffen in der Luft auch vor Lärmbelästigung. Ein im März 2020 veröffentlichter Bericht der EU-Umweltagentur (EEA) zeigt auf, dass Millionen Menschen gesundheitlich unter Lärm leiden. Mindestens jeder fünfte Europäer ist in seiner Umgebung gesundheitsschädlichem Lärm ausgesetzt. Größter Lärmverursacher dabei ist der Straßenverkehr sowie Fluglärm. Chronische Lärmbelästigungs-reaktionen - ausgelöst durch Verkehrslärm - führen zu Stressreaktionen, die das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, koronare Herzerkrankung, Herzinfarkt und Schlaganfall begünstigen.

Obwohl zahlreiche Studien diesen Zusammenhang nachgewiesen haben, waren die Ursachen der krankmachenden Wirkung von Lärmstress nach wie vor unklar. Nun konnte das Forschungsteam um Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der Kardiologie I im Zentrum für Kardiologie, und Studienleiter Omar Hahad, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Kardiologie I, bei 5000 GHS-Probanden erstmals nachweisen, dass erhöhte Lärmbelästigung, vor allem der nächtliche Flugverkehr, die Blutkonzentration von MR-proANP erhöht. MR-proANP ist ein Hormon, das in Folge von Überbelastung vermehrt vom Herzen selbst gebildet wird. Durch die gefäßerweiternde und wasserausscheidende Wirkung erfüllt MR-proANP eine wichtige Rolle bei der Blutdruckregulation bzw. -senkung und dient damit der Herzentlastung. Etwa 80 Prozent aller Probanden der GHS gaben an, von Lärmbelästigung betroffen zu sein, wobei Flugverkehr bei den Befragten die vorherrschende Quelle der Lärmbelästigung darstellte. 60 Prozent der Betroffenen empfanden sich am Tag sowie etwa 30 Prozent Betroffenen in der Nacht durch Lärm gestört. Fluglärm stelle den höchsten Anteil an extremer Lärmbelästigung dar, gefolgt von Straßenverkehrs- und Nachbarschaftslärm als weitere dominierende Belästigungsquellen. Zudem konnte ermittelt werden, dass erhöhte Konzentrationen von MR-proANP im Blut das Risiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen in einem 5-Jahreszeitraum signifikant erhöhen. Hierbei wurde ein stärkerer Einfluss der nächtlichen Lärmbelästigung beobachtet; in erster Linie eine Folge von zu kurzem bzw. häufig unterbrochenem Schlaf. Die Forscher ermittelten ein 3-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Herzrhythmusstörungen (Vorhofflimmern) sowie ein fast 50 Prozent höheres Risiko für die Entstehung der oben genannten Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ebenfalls waren erhöhte Konzentrationen von MR-proANP mit einem 36 Prozent höheren Risiko für vorzeitigen Tod assoziiert.

Die Ergebnisse der Studie unterstreichen zahlreiche Untersuchungen, die ein erhöhtes Erkrankungs-Risiko aufgrund von Lärmexposition demonstrieren. Die Autoren der Studie fordern weitere Untersuchungen im Hinblick auf den Risikofaktor Lärm, vor allem aber auch präventive Maßnahmen, um die Bevölkerung vor den negativen gesundheitlichen Auswirkungen des Lärms zu schützen. Diese Maßnahmen können nur durch politische Entscheidungsträger umgesetzt werden, da Patienten und Ärzte wenig Einfluss auf verkehrsbedingte Erscheinungen haben. „Insbesondere auf Grundlage der kürzlich erschienen Lärmrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO, in welcher deutlich niedrigere Verkehrslärmpegel am Tag und in der Nacht empfohlen werden, sind Konsequenzen insbesondere auch im Hinblick auf die Ausdehnung des Nachtflugverbots angebracht“, so Professor Dr. Thomas Münzel.

 

 

16.07.2019

Kontinuierlich hohe Fluglärmbelastung auf dem Gelände der Universitätsmedizin

Das Landesamt für Umwelt Rheinland-Pfalz und die Universitätsmedizin Mainz präsentieren neue Messergebnisse

Die Fluglärmbelastung über der Universitätsmedizin Mainz ist sowohl tagsüber als auch nachts hoch. Das belegen die Daten der Fluglärmmessstation, die seit 2013 vom Landesamt für Umwelt im Auftrag des rheinland-pfälzischen Umweltministeriums auf einem achtstöckigen Klinikgebäude betrieben wird. Die Station misst hierbei immer wieder Spitzenwerte von über 68 dB(A). Im Vergleich zu den Vorjahren nahm 2018 die Zahl der Flugbewegungen über den Messstellen deutlich zu. Die Messwerte ab 2014 präsentierte heute Dr. Stefan Hill, Präsident des Landesamtes für Umwelt Rheinland-Pfalz in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Vorstandsvorsitzenden und Medizinischen Vorstand der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Norbert Pfeiffer und Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz.

Die Auswertung der Messergebnisse zeigen unter anderem folgende Ergebnisse:
Die Auswertungen weisen gewichtete Tag-Abend-Nacht-Lärmindizes LDEN[1] für das Gesamtgeräusch zwischen 58-62 dB(A) aus.
Zehn der vorgestellten 23 Auswertungen belegen Monats-Mittelungspegel[2] des Fluggeräusches über 40 dB(A) zwischen 22 Uhr und 6 Uhr.
Die monatlichen Fluglärmindizes LDEN liegen zwischen 43 und 52 dB(A).
Die monatlich ermittelten lautesten Fluglärmereignisse erreichten Spitzenpegel[3] zwischen 71,4 und 76,5 dB(A).

Die beiden Mediziner Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer und Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel legten dar, dass nach den so genannten „WHO Night Noise Guidelines for Europe“ bei Jahres-Mittelungspegeln ab 40 dB(A) im Außenbereich in der Nacht schädliche Gesundheitseffekte messbar sind.

Die gemessenen Daten bestätigen, dass die meisten Fluglärmereignisse in den Zeiten der Tages- und Nachtrandzonen, den späten Vormittagsstunden und den Nachmittagsstunden zwischen 15 Uhr und 16 Uhr sowie in den Abendstunden zwischen 19 Uhr und 21 Uhr liegen. Besonders häufig treten in den frühen Morgenstunden Überflüge mit Maximalpegeln von mehr als 68 dB(A) auf.

Der Präsident des Landesamtes für Umwelt Dr. Stefan Hill sagte: "Die an der Universitäts­medizin bereits durch die städtische Lage bestehende Lärmsituation wurde durch die neue, direkt über die Universitätsmedizin gelegte Anflugroute weiter verstärkt. Während der heute vorgestellten 23 Monate gab es pro Monat durchschnittlich 202 Fluglärmereignisse zwischen 22 Uhr und 6 Uhr. Im Mai 2018 gab es mit über 500 nächtlichen Fluglärmereignissen die höchste Belastung in den letzten Jahren."

Der Vorstandsvorsitzende und Medizinische Vorstand der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Norbert Pfeiffer erklärte: "Die Universitätsmedizin behandelt schwer kranke Patientinnen und Patienten. Für deren Genesung sind vor allem eine optimale medizinische und pflegerische Versorgung wichtig, doch es bedarf auch einer heilungsfördernden Umgebung. Häufige Schlafunterbrechungen bei Nachtflügen und insbesondere zu kurzen Nachtruhen von 23 Uhr bis 5 Uhr sind diesem Ziel nicht zuträglich."

Der Kardiologe Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, betonte: "Es ist nach wie vor unfassbar, dass man eine neue Landebahn gebaut hat, in deren direkter Verlängerung nur 20 Kilometer entfernt die einzige Universitätsmedizin von Rheinland Pfalz liegt. Die Flugzeuge fliegen viel zu tief über das Gelände und haben zudem zu einem großen Prozentsatz schon die Räder ausgefahren, was den Lärm weiter unnötigerweise verschärft. Insbesondere die Fluglärmforschung der Universitätsmedizin in Mainz hat nachgewiesen, dass zu kurzer und häufig unterbrochener Schlaf in erster Linie für die Lärm-induzierten Gesundheitsschäden insbesondere im Hinblick auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich sind. Insbesondere die Belastung unserer Patienten in der gesetzlich definierten Nacht von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens ist absolut inakzeptabel. Meiner Meinung nach sollte es schnell einen ‚runden Tisch‘ geben, an dem diese Ergebnisse diskutiert und Sofortmaßnahmen zum Schutze unserer Patienten beschlossen werden."

Zukünftig werden die Auswertungen der Lärmwerte über der Universitätsmedizin Mainz monatlich vom rheinland-pfälzischen Landesamt für Umwelt veröffentlicht.

Weitere Informationen:
Präsentation der Messergebnisse des Landesamtes für Umwelt


[1] Beurteilungspegel (LDEN)
Der Beurteilungspegel LDEN (D=Day, E=Evening, N=Night) (in Anlehnung an die EU-Umgebungslärmrichtlinie) bezeichnet den mit Zuschlägen versehenen energieäquivalenten Dauerschallpegel des Gesamt-, Flug- bzw. Hubschraubergeräuschs. Für den Abendzeitraum (18 bis 22 Uhr) werden Zuschläge von 5 dB(A) und für den Nachtzeitraum (22 bis 06 Uhr) Zuschläge von 10 dB(A) verwendet.

[2] Energieäquivalenter Dauerschallpegel (Leq)
Beim energieäquivalenten Dauerschallpegel (Leq), auch als Mittelungspegel bezeichnet, wird der über einen Zeitraum am Messort festgestellte Schalldruckpegel hinsichtlich seines Schallenergieinhalts auf ein vergleichbares Dauergeräusch umgerechnet. Eine Veränderung um drei Dezibel entspricht dabei der Halbierung bzw. Verdoppelung der Schallenergie.

[3] Maximalpegel (LASmax)
Der Maximalwert des AS-bewerteten Schalldruckpegels eines Lärmereignisses, auch Spitzenpegel genannt.

24.04.2019

Tag des Lärms: Deutschland tut viel zu wenig um den Lärm effektiv zu bekämpfen

Die aktuelle Studienlage belegt eindeutig, dass Lärm krank macht, wobei Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Vordergrund stehen. Am Tag des Lärms kritisiert Professor Thomas Münzel die unzureichenden Maßnahmen des Bundes, den Verkehrslärm zu reduzieren und somit insbesondere den gesundheitlichen Folgen entgegenzuwirken. Er fasst die neueren Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung, wie Lärm krank macht, zusammen.
Lärm ist definiert als unerwünschter Schall. In Deutschland fühlen sich ca. 50 % der Menschen durch Lärm belästigt. 70 % aufgrund von Straßenlärm, knapp 40 % aufgrund von Flug- und 25 – 30 % aufgrund von Schienenlärm.
Verkehrslärm führt nachweislich pro 10 Dezibel Lärmzunahme zu mehr Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche, mit bis zu 15 % nach neuesten Befunden einer Schweizer Arbeitsgruppe auch zu einer erhöhten Sterblichkeit, unabhängig von der Luftverschmutzung.
Erkenntnisse aus neueren epidemiologischen Studien belegen, dass Verkehrslärm alleine in Europa jährlich für 18.000 vorzeitige Todesfälle, 1,7 Millionen Fälle von Bluthochdruck und 80.000 Krankenhauseinweisungen verantwortlich ist.
Ein wichtiger Faktor für die Ausprägung von Lärm-induzierten Gesundheitsschäden ist die Belästigungs- oder Ärgerreaktion, im Englischen auch Annoyance genannt. Je stärker man sich durch Lärm belästigt fühlt, umso mehr befindet man sich in einer Dauerstresssituation, die langfristig für die Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich ist. Neue Studien der Universitätsmedizin Mainz zur Lärmwirkungsforschung belegen, dass die durch Flug-, Straßen- und Schienenverkehr hervorgerufene Lärmbelästigung dosisabhängig zu einem erhöhten Risiko für Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern aber auch zu psychischen Erkrankungen wie Depression und Angststörungen führen kann. Ebenfalls neu ist die
Erkenntnis, dass insbesondere Nachtlärm verbunden mit zu kurzem bzw. häufig unterbrochenem Schlaf für deutliche Nebenwirkungen in Gefäßen und Gehirn verantwortlich ist.
Beispielhaft für negative Entwicklungen in dem Bereich Lärmschutz ist die aktuell zu verzeichnende deutliche Zunahme der Flugbewegungen am Frankfurter Flughafen sowie die nach wie vor massive Lärmbelastung im Rheintal, insbesondere durch die Güterzüge. Während die Weltgesundheitsorganisation WHO eine drastische Lärmreduktion für Schienen-, Straßen- und Fluglärm fordert, verschiebt Deutschland die neue Novelle Fluglärmschutzgesetz verknüpft mit Dezibelsenkungen auf 2021 und verzichtet komplett auf aktive Schallschutzmaßnahmen. Damit wurden auch die Empfehlungen des Umweltbundesamtes missachtet, das ein übergeordnetes Konzept zum Schutz vor Fluglärm unter Betonung des aktiven Lärmschutzes gefordert hatte. Nicht nachvollziehbar ist, dass eine eigentlich geplante Absenkung der Lärmwerte noch einmal bis 2021 verschoben wurde. Experten hatten eigentlich eine Absenkung um ein bis drei Dezibel gefordert, der Bericht der Bundesregierung schloss sich dem nicht an. Damit sind die von der WHO geforderte Lärmreduktion sowie der eingeforderte Schutz von besonders lärmempfindlichen Senioren, Kindern und Krankenhauspatienten nicht auch nur annährend gewährleistet.
Veröffentlichungen:
http://www.euro.who.int/en/health-topics/environment-and-health/noise/environmental-noise-guidelines-for-the-european-region
https://www.aerzteblatt.de/archiv/206499/Auswirkungen-von-Laerm-auf-das-Herz-Kreislauf-System
https://www.aerzteblatt.de/archiv/206498/Was-tun-gegen-den-Laerm
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0735109717419309?via%3Dihub
https://iubmb.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1002/biof.1506

April 2019

Auswirkungen von Lärm auf das Herz-Kreislaufsystem - eine Übersichtsarbeit im Dt. Ärzteblatt

Verkehrslärm kann chronische Stressreaktionen hervorrufen und damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Ungeklärt ist, welche pathophysiologischen Mechanismen für die Entwicklung lärminduzierter Herz-Kreislauf-Erkrankungen verantwortlich sind.

Im Artikel würde eine selektive Literaturrecherche epidemiologischer und experimenteller Studien in PubMed von 2007–2018 zum Zusammenhang von Lärm und dem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen durchgeführt.
Das Ergebnis: epidemiologische Studien zeigen, dass Lärm durch Flug-, Straßen- und Schienenverkehr dosisabhängig mit erhöhter kardiovaskulärer Morbidität und Mortalität assoziiert ist. Nächtlicher Verkehrslärm führt zu einer Fragmentierung des Schlafs, Anstieg des Stresshormonspiegels und Entstehung von oxidativem Stress. Diese Faktoren können wiederum die Entwicklung von Gefäßfunktionsstörungen
(endotheliale Dysfunktion) und Bluthochdruck begünstigen, wodurch das kardiovaskuläre Risiko
steigt.

Zum Artikel: Auswirkungen von Lärm auf das Herz-Kreislaufsystem

15.10.2018

Editorial zur Fluglärm-Forschung der Mainzer Unimed im European Heart Journal

Dr. David G. Harrisson und Dr. David M. Patrick, Kardiologen an der Vanderbilt-Universität in Nashville, haben ein Editorial verfasst zum Artikel unserer Forscher "Crucial role for Nox2 and sleep deprivation in aircraft noise-induced vascular and cerebral oxidative stress, inflammation, and gene Regulation" vom August 2018, das "Paper of the Month" im European Heart Journal war.

Während Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder hohes Cholesterin als Auslöser für Herzkreislauf-Erkrankungen bekannt und erforscht sind, sind Faktoren wie Umgebungs-/Verkehrslärm noch in der Erforschung. nächtlicher Lärm, der den Schlaf stört. Die Forscher der Mainzer Unimedizin haben den Beweis geliefert, dass (Flug-)Lärm und insbesondere Lärm während der Schlafstunden einen großen Einfluss auf die kardiovaskuläre Funktion und systemische Parameter im Zusammenhang mit vaskulären Erkrankungen haben. 

Das Editorial im EHJ: Nocturnal noise knocks NOS by Nox: mechanisms underlying cardiovascular dysfunction in response to noise Pollution

07.10.2018

Der Einfluss der Luftverschmutzung auf die Gefäßfunktion

Über die Auswirkungen von gasförmigen und festen Bestandteilen der Luftverschmutzung auf die Endothelfunktion haben die Forscher der Mainzer Unimedizin eine Arbeit im European Heart Journal veröffentlicht.
Luftverschmutzung ist weltweit eine der Hauptursachen für nicht übertragbare Krankheiten - Herzkreislauf-Erkrankungen sind hierbei an der Spitze, sowohl was Erkrankungsraten als auch Todesfälle betrifft. Wissenschaftlich belegt ist inzwischen, dass Partikel-Luftschadstoffe und gasförmige Schadstoffe wie Ozon einen schädlichen Einfluss auf die Funktion der Gefäßinnenhaut, des Endothels, haben. Ist das Endothel geschädigt, kann dies Herzkreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes und Atherosklerose fördern.

Der Artikel im EHJ: Effects of gaseous and solid constituents of air pollution on endothelial function

07.10.2018

EHJ-Artikel greift Ergebnisse der Mainzer Fluglärm-Forscher auf

Das renommierte European Heart Journal hat einen Artikel zur Rolle der Entzündung bei Entstehung von Arteriosklerose veröffentlicht, und stellt Entzündung als neuen kardiovaskulären Risikofaktor heraus. Autor ist Prof. Dr. Thomas F. Lüscher, Director of Research, Education & Development und Consultant of Cardiology am Royal Brompton & Harefield Hospital Trust und Imperial College in London und Leiter des Centers für Molekulare Kardiologie, Campus Schlieren, der Universität Zürich.
Der Autor greift unter anderem auch die Arbeit unserer Forscher auf - Crucial role for Nox2 and sleep deprivation in aircraft noise-induced vascular and cerebral oxidative stress, inflammation, and gene regulation - die darlegt, dass Lärm und Umweltverschmutzung ebenfalls einen Einfluss auf das Entzündungsgeschehen im Herzkreislaufsystem haben.
Der Artikel im European Heart Journal: https://academic.oup.com/eurheartj/article/39/38/3483/5122820

05.09.2018

Fluglärm-Artikel ist "Paper of the Month"

Der aktuelle Artikel unserer Fluglärmforscher, veröffentlicht im European Heart Journal, ist "Paper of the Month" - mit diesem Titel honoriert der Vorstand des DZHK (Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung) jeden Monat eine aktuelle wissenschaftliche Publikation.
Der Artikel beschreibt die entscheidenden Rollen des Enzyms Nox2 sowie von Schlafstörungen bei durch Fluglärm verursachten vaskulären und zerebralen oxidativen Stress sowie Entzündungen.

https://dzhk.de/aktuelles/paper-of-the-month/artikel/august-2018/

11.06.2018

Mainzer Wissenschaftler identifizieren Enzym, das für Gefäßschäden durch Fluglärm verantwortlich ist

Neue Studie der Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz zeigt weiterhin: Nachtfluglärm ist besonders schädlich für Gefäße und Gehirn

Die Studie wurde unterstützt durch die Förderung der Stiftung Mainzer Herz an S. Steven und A. Daiber, der Universitätsmedizin Mainz (NMFZ) an A. Daiber, die Deutsche Stiftung für Herzforschung an S. Kröller-Schön und die Boehringer Ingelheim Stiftung (Projekt: "Neue und vernachlässigte Herzkreislaufrisikofaktoren") an T. Münzel, S. Steven und A. Daiber.

In einer aktuellen Studie haben Wissenschaftler des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz ein Enzym identifiziert, welches für fluglärmbedingte Gefäßschäden verantwortlich ist. Sie konnten weiterhin zeigen, dass Nachtfluglärm eine besonders schädliche Wirkung hat und fordern daher, die Nachtruhe unbedingt vor Lärm zu schützen. Mit der aktuellen Studie setzen die Wissenschaftler um Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor Kardiologie I im Zentrum für Kardiologie, und Univ.-Prof. Dr. Andreas Daiber, Leiter der Molekularen Kardiologie im Zentrum für Kardiologie, ihre Forschungen auf dem Gebiet der Lärmforschung konsequent fort und können dabei einen weiteren Durchbruch vermelden. Publiziert wird die neue Studie im European Heart Journal, der weltweit renommiertesten kardiologischen Fachzeitschrift.

Fluglärm führt langfristig zu einer vermehrten Ausbildung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen – wie eine Reihe von Vorläuferstudien inzwischen zweifelsfrei zeigen konnte. So ist es der Arbeitsgruppe von Professor Münzel 2013 gelungen nachzuweisen, dass simulierter Nachtfluglärm das Stresshormon Adrenalin erhöht, die Schlafqualität vermindert und einen Gefäßschaden, genannt endotheliale Dysfunktion, auslöst. Weitere Untersuchungen an einem neu entwickelten Tiermodell ergaben im letzten Jahr, dass Fluglärm eine deutliche Erhöhung der Stresshormone, eine Gefäßfunktionsstörung, erhöhten oxidativen Stress und Entzündungsprozesse in den Gefäßen sowie eine deutliche Änderung der Expression von Genen in der Gefäßwand nach sich zieht.

Die Professoren Münzel und Daiber kommentieren: "Mit unserer neuen Studie können wir erstmals nachweisen, dass insbesondere Nachtfluglärm – also Lärm während der Schlafphase der Mäuse – und nicht Lärm während der Wachphase für Gefäßfunktionsstörungen verantwortlich ist. Wir können weiterhin zeigen, dass die Ausschaltung des Enzyms phagozytische NADPH-Oxidase, welches hauptsächlich in Entzündungszellen vorkommt, Fluglärm-induzierte negative Auswirkungen an Gefäßen und Gehirn komplett verhindert." Dieses Enzym war in der letzten Studie in den Fokus der Wissenschaftler geraten. Die aktuellen Untersuchungen beweisen nun endgültig dessen zentrale Rolle und liefern den Beweis, dass die negativen Fluglärmeffekte über dieses Enzym vermittelt werden. 

Bei den jetzigen Untersuchungen haben die Wissenschaftler auch die Auswirkungen von Fluglärm auf das Gehirn untersucht. Hierbei stand die neuronale Stickstoffmonoxid (NO)-Synthase, ein wichtiges Enzym in unserem Gehirn, im Blickfeld. Das Enzym, das für die Bereiche Lernen und Gedächtnis verantwortlich ist, wird durch Fluglärm herunterreguliert und so seine Funktion beeinträchtigt. Dieser neue Befund erklärt möglicherweise die beschriebenen kognitiven Entwicklungsstörungen bei Kindern nach Fluglärmexposition.“

Eine weitere Erkenntnis ist, dass der Transkriptionsfaktor FoxO3 eine zentrale Rolle für die Lärm-induzierten Gefäß- und Gehirnschäden spielt: Die Fehlregulation dieses Faktors durch Nachtfluglärm führt zu einem gestörten Genexpressions-Netzwerk, das zelluläre Vorgänge in Abhängigkeit der Tageszeiten steuert – gerät diese circadiane Rhythmik durch Lärm aus dem Takt, kann dies zu Schlafstörungen und in der Folge zu kardiovaskulären, psychischen und metabolischen Erkrankungen führen. Zu diesen Erkenntnissen gelangten die Wissenschaftler durch umfangreiche genetische Analysen mittels "Next Generation Sequencing (NGS)" und durch den Nachweis einer Verhinderung der erwähnten Gefäßschäden durch Behandlung mit dem FoxO3-Aktivator Bepridil.

Nach Auffassung der Studieninitiatoren bedeuten diese Ergebnisse einen weiteren Durchbruch in der Lärmforschung. "Mit unseren Befunden, insbesondere bezüglich des Nachtfluglärms, können wir nun klinische Ergebnisse z.B. der sogenannten HYENA Studie erklären, wonach insbesondere Nachtfluglärm Bluthochdruck auslösen kann. Der Befund, dass die Ausschaltung des Enzyms phagozytische NADPH Oxidase Gefäßschäden komplett verhindert, versetzt uns dabei möglicherweise in die Lage, medikamentöse Strategien zu entwickeln, um die negativen Effekte von Fluglärm auf den Körper zu neutralisieren", kommentieren beide Wissenschaftler.

Beide Autoren schließen aus ihren Befunden, dass es ein wichtiges Ziel sein muss, die Nachtruhe vor Lärm zu schützen und insbesondere die gesetzlich definierte Nachtruhe von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens zu implementieren. 

Die Studie im European Heart Journal, veröffentlicht am 14.06.2018

16.05.2018

Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert neue Fluglärmstudie an der Universitätsmedizin Mainz
 

300.000 Euro für die Erforschung neuer Strategien gegen negative Auswirkungen von Fluglärm auf das Herz-Kreislauf-System / Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel und Dr. Swenja Kröller-Schön untersuchen gemeinsam neue Strategien gegen negative Auswirkungen von Fluglärm auf das Herz-Kreislauf-System.

In einem neuen Forschungsprojekt wollen Wissenschaftler der Universitätsmedizin Mainz Strategien untersuchen, die den negativen Effekten von Fluglärm entgegenwirken. Zu den negativen Effekten zählt, dass simulierter Nachtfluglärm die Schlafqualität vermindert, das Stresshormon Adrenalin erhöht und darauf basierend Gefäßschäden (im Fachjargon endotheliale Dysfunktion) verursacht. Das konnte die Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der Kardiologie I im Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, bereits in einer 2017 im renommierten European Heart Journal veröffentlichten Studie zeigen. Das aktuelle Forschungsvorhaben fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit rund 300.000 Euro.

Gemeinsam mit seiner Arbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit konnte der Direktor der Kardiologie I im Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel 2017 den Nachweis erbringen, dass Fluglärm eine deutliche Erhöhung der Stresshormone und eine Gefäßfunktionsstörung aufgrund vermehrter Bildung freier Radikale hervorruft. Auf Basis dieser Studienergebnisse startet die Arbeitsgruppe von Prof. Münzel nun ein neues Fluglärm-Projekt. In diesem neuen Projekt wird die Wissenschaftlerin Dr. Swenja Kröller-Schön Strategien entwickeln, die möglicherweise die negativen Auswirkungen von Fluglärm abmildern können.

Hierbei wird sich der Fokus auf Maßnahmen richten, die ein spezielles Protein, die AMP-abhängige Proteinkinase (AMPK), beeinflussen. Dieses Protein ist als zellulärer Energie-Sensor bekannt und wird bei hohem Energie-Verbrauch, zum Beispiel durch Ausdauertraining, aktiviert. In den letzten Jahren rückte die AMPK auch immer mehr in den kardiologischen Fokus, da sie vielfältige gefäßschützende Effekte hat.

Im Rahmen ihres Forschungsvorhabens wird Dr. Kröller-Schön verschiedene Hypothesen untersuchen. Zum einen will sie herausfinden, ob das Entfernen des aktiven Proteins der AMPK die negativen Effekte von Fluglärm auf das kardiovaskuläre System verstärkt. Zum anderen geht sie der Frage nach, ob sich mittels Ausdauertraining die negativen Effekte von Fluglärm eindämmen lassen. In diesem Zusammenhang erforscht sie zudem, ob die schützenden Effekte von Ausdauertraining bei der Fluglärmexposition durch das Entfernen des aktiven Proteins der AMPK ausbleiben. Des Weiteren will sie aufzeigen, inwieweit eine pharmakologische Aktivierung der AMPK die negativen Effekte von Lärm auf das Herz-Kreislauf-System verhindert. Gegenstand ihrer Forschung ist darüber hinaus das Ziel, zu erkennen, ob sich mittels intermittierendem – also auf Unterbrechungen basierendem – Fasten den von Lärm hervorgerufenen Stressreaktionen des Kardiovaskulären Systems entgegenwirken lässt.

An diesem Projekt werden auch weitere Arbeitsgruppen, wie die von Univ.-Prof. Dr. Tobias Bopp, Sprecher des Forschungszentrums für Immuntherapie (FZI) der Universitätsmedizin Mainz), und die von PD Dr. Markus Bosmann vom Centrum für Thrombose und Hämostase der Universitätsmedizin Mainz als Kooperationspartner beteiligt sein. Professor Münzel zeigt sich begeistert: „Mehr und mehr wird unsere Leistung in dem Bereich Lärmforschung anerkannt. In den letzten drei Jahren konnten wir mehr als zwei Millionen Euro für Lärmforschung einwerben. Mit unserem Forschungsansatz haben wir nach wie vor ein weltweit einmaliges Alleinstellungsmerkmal.“ 

28.03.2018

Else Kröner-Fresenius-Stiftung fördert Lärmwirkungsforschung des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz mit 230.000 Euro

Seit mehreren Jahren wird vermutet, dass Lärm nicht nur die Nerven strapaziert sondern auch krank macht. Die Lärmforschung an der Universitätsmedizin Mainz hat in diesem Bereich große Fortschritte erzielt. So konnte die Arbeitsgruppe von Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Zentrum für Kardiologie, Kardiologie I nachweisen, dass insbesondere Fluglärm die Freisetzung von Stresshormonen fördert, den Blutdruck steigert und damit die Gefäßfunktion negativ beeinträchtigt. Unklar war bisher, inwieweit bereits bestehende Herzkreislauf-Risikofaktoren wie z.B. Bluthochdruck in ihren negativen Auswirkungen für die Gefäßfunktion durch Fluglärm sogar noch verstärkt werden.

Ein Antrag auf Forschungsförderung von Dr. Sebastian Steven aus der Arbeitsgruppe von Prof. Münzel bei der Else Kröner-Fresenius-Stiftung zu diesem Thema wurde jetzt angenommen. Das Projekt wird über einen Zeitraum von drei Jahren mit einer Summe von 230.000 € gefördert.

„Das ist für uns ein extrem wichtiges Projekt, da wir herausfinden müssen, inwieweit Patienten, die bereits unter Bluthochdruck leiden, noch zusätzlich durch Fluglärm gesundheitlich gefährdet werden und welche Ursachen hierfür zugrunde liegen“, kommentiert Dr. Steven.

„Aktuell bekommen wir mehr und mehr Anerkennung für unsere Lärmwirkungsforschung, die in dieser Art nach wie vor weltweit einmalig ist“, ergänzt Prof. Münzel, Begründer der Lärmwirkungsforschung an der Universitätsmedizin. „Zudem haben wir noch eine unglaubliche Anzahl an neuen Befunden, sowohl bei klinischen und vorklinischen Untersuchungen, und werden hoffentlich auch bald die gesundheitlichen Auswirkungen von Lärm und Luftverschmutzung bei Teilnehmern der Gutenberg Gesundheitsstudie untersuchen können“, so Münzel weiter.
Die Lärmwirkungsforschung der Universitätsmedizin wird neben der Else Kröner-Fresenius-Stiftung auch durch die Boehringer Ingelheim Stiftung und durch die Stiftung Mainzer Herz unterstützt.

7. Februar 2018

Flugzeuge, Autos und Züge machen herzkrank!

Einen Überblick über neue, zum Teil eigene Forschungsergebnisse liefern Wissenschaftler aus Dänemark und vom Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz in einem Review, der im Fachblatt Journal of the American College of Cardiology (JACC) veröffentlicht ist.

Dass es seine Beziehung zwischen Lärm und Herz-Kreislauf-Erkrankungen gibt, ist schon lange bekannt. Nun haben Forscher der Arbeitsgruppe Umwelt und Gesundheit um Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel vom Zentrum für Kardiologie, Kardiologie I der Universitätsmedizin Mainz und Initiator der Stiftung Mainzer Herz gemeinsam mit Mette Sørensen, einer Lärmforscherin und Epidemiologin vom Dänischen Krebsforschungsinstitut in Kopenhagen, die neuesten Ergebnisse zum Thema Lärm und Herzkrankheiten im renommierten Journal für Herzerkrankungen, dem Journal of the American College of Cardiology in einem Übersichtsartikel zusammengefasst.

Mehr dazu hier.

25.10.2017

Neue Studie des Zentrums für Kardiologie zur Auswirkung von Schienenlärm auf das Herz-Kreislaufsystem

Eine neue Studie am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz untersucht die Auswirkungen von nächtlichem Zuglärm auf das Herz-Kreislaufsystem von gesunden Menschen.
Die Deutsche Herzstiftung fördert diese Studie mit 59.600 Euro über einen Zeitraum von 2 Jahren.
Dass sich Verkehrslärm, insbesondere Straßen- und Fluglärm, schädlich auf die Gesundheit auswirkt, konnte bereits durch zahlreiche Studien belegt werden. So ist bekannt, dass Menschen, die dauerhaft Verkehrslärm ausgesetzt sind, mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit an Bluthochdruck erkranken sowie Herzinfarkte und Schlaganfälle erleiden. Deutlich weniger Studien liegen hierzu im Bereich „Schienenlärm“ vor.
Um die bisher wenig erforschten Mechanismen, wie Schienenlärm zu Herz-Kreislauferkrankungen führt, zu untersuchen, hat das Zentrum für Kardiologie eine neue Studie mit dem Kürzel ZuG-Studie (Zuglärm und Gefäßfunktion) initialisiert.
Es wird vermutet, dass insbesondere die Störung der Nachtruhe durch Verkehrslärm besonders negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislaufsystem haben kann. Dies wurde durch die Arbeitsgruppe um Prof. Münzel bei der Erarbeitung des Studienprotokolls berücksichtigt:
Gesunden Probanden wird in mehreren Testnächten eine unterschiedliche Anzahl von Zugvorbeifahrten in einer standardisierten Weise per MP3-Player vorgespielt - in der Testnacht mit den meisten Vorbeifahrten sind das immerhin 60 Stück. Eine weitere Testnacht ohne Zuglärm dient als Kontrollnacht. Den Probanden wird ein Abspielgerät zur Verfügung gestellt, damit sie die Versuchsnächte in gewohnter Umgebung zu Hause verbringen können. Damit soll eine Beeinflussung der Testergebnisse durch eine ungewohnte Umgebung vermieden werden.
Während der Versuchsnächte erfolgt eine kontinuierliche Aufzeichnung von Herzrhythmus, Blutdruck, sowie der Sauerstoffsättigung des Blutes mittels moderner, eigens für die Studie beschaffter Messgeräte, welche der Proband bequem am Handgelenk tragen kann. Durch die lückenlose Aufzeichnung der genannten
Parameter können anschließend selbst geringe Veränderungen der untersuchten Parameter nachvollzogen werden.
Nach jeder Testnacht wird im Labor des Zentrums für Kardiologie die Endothelfunktion (Gefäßfunktion) der Unterarmarterie durch Ultraschall ermittelt. Dies ist besonders relevant, da eine schlechte Endothelfunktion eine Vorstufe von Arteriosklerose darstellt, also der krankhaften Veränderung von Gefäßen, die zum Beispiel Bluthochdruck und Herzinfarkten vorausgeht. Außerdem wird Blut zur Analyse von unterschiedlichen wichtigen Laborwerten abgenommen. Jeder Proband erhält eine Aufwandsentschädigung.
Mit den 60 Zugvorbeifahrten und einem maximalen Spitzenlärmpegel von 75 dB(A) wird den Probanden weniger zugemutet, als Anwohner teilweise an stark befahrenen Bahntrassen zu ertragen haben. "Im Mittelrheintal werden Spitzenlärmpegel von bis zu über 90 dB(A) gemessen, und zeitweise fahren pro Nacht mehr als 60 Züge", berichtet Dr. Johannes Herzog, der zuständige Studienarzt.
 "Die Probanden riskieren mit ihrer Teilnahme keineswegs dauerhaft schädliche Auswirkungen auf ihre Gesundheit", erklärt Prof. Münzel. Dies liegt daran, dass erst nach längerer und konstanter Beschallung mit hohen Lärmpegeln bleibende Veränderungen oder Schäden eintreten. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn Personen neben Bahntrassen wohnen. Veränderungen, die durch die Testnächte auftreten, sind reversibel, also umkehrbar, und lassen sich nur wenige Stunden nachweisen. Prof. Münzel: "Die Testpersonen riskieren also nur ein oder zwei Nächte schlecht zu schlafen, und es dient dem Wohle der Wissenschaft..."
"Wir sind froh, dass die Deutsche Herzstiftung die Bedeutung dieser Umweltfaktoren für unsere Gesundheit erkannt hat und uns bei unserer Forschung unterstützt", so Münzel weiter. "Wir gehen davon aus, dass die Studie schon im nächsten Jahr wichtige Ergebnisse liefern wird."

Einen Beitrag des SWR zum Thema finden Sie hier.

11.04.2017

Haben Radikalenfänger einen positiven Effekt auf durch Lärm verursachte Gefäßfunktionsstörungen?

Mainzer Wissenschaftsstiftung fördert Lärm-Forschungsprojekt des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz

In einer im Februar im European Heart Journal veröffentlichten Studie konnte die Arbeitsgruppe um Prof. Münzel die Mechanismen entschlüsseln, die für Gefäßschaden infolge von Fluglärm verantwortlich sind. Auf Basis dieser Erkenntnis soll nun untersucht werden, ob Radikalenfänger wie Vitamin C oder E diese Gefäßfunktionsstörungen positiv beeinflussen können. Die Mainzer Wissenschaftsstiftung fördert dieses Projekt mit 10.000 Euro.
Die Ergebnisse der Studie wurden im Februar 2017 im European Heart Journal publiziert. Im Vordergrund des Gefäßschadens, ausgelöst durch Fluglärm, stand eine ausgeprägte Bildung freier Radikale. Mit dem neu geplanten Projekt gilt es nun zu untersuchen, ob sich eine durch Lärm hervorgerufene Gefäßfunktionsstörung durch die gleichzeitige Gabe von Radikalenfängern wie Vitamin C beziehungsweise E positiv beeinflussen lässt. Das Projekt ist auf einen Zeitrahmen von einem Jahr festgelegt. "Ich freue mich über die Unterstützung durch die neu gegründete Mainzer Wissenschaftsstiftung. Hiermit wird ein Projekt unterstützt, das den Fokus auf einen neuen, wichtigen Herzkreislauf-Risikofaktor legt, nämlich den Lärm", so Prof. Münzel.

16.03.2017

Große Anerkennung für aktuelle Mainzer Fluglärmstudie durch Zeitschrift "Nature"
Neue Studie wird als „Research Highlight“ vorgestellt

Nach der Vorstellung der neuen Mainzer Studie zur Entschlüsselung der Mechanismen, wie Fluglärm Gefäßschäden auslöst, sorgte die Studie für weltweites Echo - in der renommierten Zeitschrift "Nature" wurde die Studie nun sogar als "Research Highlight" vorgestellt.

„Dass das renommierte Nature-Magazin die von uns initiierte Studie als 'Research Highlight' auserkoren hat, unterstreicht ihren hohen Stellenwert für die weltweite Fluglärmforschung“, so Prof. Dr. Münzel.

Die Studie wird seitens Prof. Münzel als Durchbruch in der Lärmforschung angesehen, da deren Ergebnisse es nun ermöglichen, spezifische Strategien zu entwickeln, die zu einer Abschwächung von Lärm-induzierten Gefäßschäden führen. Auch ist es auf Basis dieser Studie möglich zu testen, inwieweit Herz-Kreislauf-wirksame Medikamente Lärmschäden an Gefäßen verhindern können.

Die Studie wurde finanziell durch die Stiftung Mainzer Herz unterstützt.

Die Besprechung des Manuskriptes kann unter www.nature.com/nrcardio/journal/v14/n4/full/nrcardio.2017.32.html eingesehen werden.

 

22.08.2014

Neue Mainzer Fluglärmstudie beweist: Nachtfluglärm verursacht deutliche Gefäßschäden bei Herz-Patienten

Mainzer Wissenschaftler publizieren Forschungsergebnisse der FluG-Risiko-Studie in der Zeitschrift „Clinical Research in Cardiology“

Eine neue Studie der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz belegt: Fluglärm führt bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung (KHK) bzw. einem hohen Risiko für eine KHK zu einem deutlichen Gefäßschaden, erhöhtem Blutdruck und zu einer verminderten Schlafqualität. All dies sind Befunde, die die gesundheitsgefährdende Wirkung von Fluglärm weiter belegen. Die in der Zeitschrift „Clinical Research in Cardiology“ veröffentlichte Studie wurde heute an der Universitätsmedizin Mainz vorgestellt.

„Wir wissen, dass Fluglärm Bluthochdruck, Herzinfarkte und auch Schlaganfälle auslösen kann“, so Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, Direktor der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik, Vorstandsmitglied der Stiftung Mainzer Herz und Leiter der Studie. „Die Ergebnisse unserer Studie waren so ausgeprägt, dass die Studie schon nach 60 Patienten abgebrochen wurde, obwohl eine Probandenzahl von 100 eingeplant war.“ Nach Einschätzung von Professor Münzel sind die Ergebnisse der Studie ein weiterer Mosaikstein, um die Entstehung von schwerwiegenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen als Folge von Fluglärm erklären zu können.

Im Rahmen der Studie wurden 60 Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung oder einem erhöhten Risiko für eine Herzerkrankung während des Schlafs mit simuliertem Nachtfluglärm beschallt. Das Durchschnittsalter der Probanden lag bei 61,8 Jahren. „In einem Feldversuch wurden die Patienten zu Hause einer Lärmbelastung ausgesetzt, bei der in einer Versuchsnacht insgesamt 60 Nachtflüge mit einem mittleren Schallpegel von 46 dBA simuliert wurden. Zur Kontrolle hatten wir auch ein lärmfreies Nacht-Szenario“, erklärt Dr. Frank Schmidt aus der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik, der die Studie durchgeführt hat.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass Nachtfluglärm bei den Patienten die Gefäßfunktion, die mit hochauflösenden Ultraschallgeräten gemessen wurde, deutlich verschlechterte.

„Die Verschlechterung der Gefäßfunktion war so ausgeprägt, dass nach einer Zwischenanalyse von 60 Patienten die Studie vorzeitig beendet wurde“, berichtet Dr. Schmidt. „In unserer ersten Studie konnten wir bereits belegen, dass Nachtfluglärm bei gesunden Probanden die Gefäße schädigt. Gemessen wurde dabei die Erweiterungsfähigkeit der Arterien – im Fachjargon Endothelfunktion –, die unter Nachtfluglärm deutlich abnahm. In unserer aktuellen Studie zeigte sich, dass dieser Effekt bei Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung (KHK) noch deutlich stärker ausgeprägt war“, ergänzt Dr. Schmidt. 

„Bemerkenswert ist, dass der Lärm die Gefäße schädigte, obwohl die Patienten ihre Herzkreislaufmedikamente einnahmen, die die Gefäßfunktion vor Schäden schützen“, betont Professor Münzel. „Weiterhin verschlechterte sich die Gefäßfunktion unabhängig davon, ob sich die Patienten über den Lärm geärgert haben oder nicht. Auch die Lärmempfindlichkeit der Patienten spielte keine Rolle. Die Verschlechterung der Gefäßfunktion hat bei Patienten mit einer KHK prognostische Bedeutung, da diese mit einem erhöhten Auftreten von Tod durch Herzinfarkt und Schlaganfall verbunden ist“, ergänzt Professor Münzel. „Nächtlicher Fluglärm muss damit als wichtiger, neuer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewertet werden. Wir Ärzte können Bluthochdruck, erhöhtes Cholesterin und Diabetes effektiv behandeln. Patienten können mit dem Rauchen aufhören. Lärm ist somit der einzige Herzkreislauf-Risikofaktor, den nur die Politik nachhaltig beeinflussen kann“, so Münzel.

„Die eindrücklichen Ergebnisse der Studie sind insbesondere vor dem aktuellen Hintergrund – der Erteilung der Baugenehmigung für den dritten Terminal am Frankfurter Flughafen – bedeutsam; zeigen sie doch einmal mehr, dass Fluglärm ein Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist“, kommentiert Prof. Dr. Babette Simon, Vorstandsvorsitzende und Medizinischer Vorstand der Universitätsmedizin Mainz. „Deshalb fordern wir mit Nachdruck eine deutliche Entlastung des Geländes der Universitätsmedizin und der umliegenden Kliniken in Mainz vom Fluglärm und dass dazu alle Optionen des aktiven Schallschutzes zum Einsatz kommen. Alternativlos nach meinem Dafürhalten ist daher ein runder Tisch, um zu einer schnellen und nachhaltigen Lösung zu kommen."

Die Studie wurde von der II. Medizinischen Klinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz mit Unterstützung der Stiftung Mainzer Herz und der Robert Müller Stiftung durchgeführt.

Die Originalarbeit mit den Forschungsergebnissen ist abrufbar unter:
http://link.springer.com/article/10.1007/s00392-014-0751-x

Weiterführende Informationen zu den Probanden und zur Durchführung der Studie finden Sie unter: https://www.youtube.com/channel/UCdRqJEmZIvB0KdD9qTJ6PAA.

 

Weitere Publikationen der Forscher der Mainzer Unimedizin zum Fluglärmforschung:

- Annoyance to different noise sources is associated with atrial fibrillation in the Gutenberg Health Study

- Airborne disease: a case of a Takotsubo cardiomyopathie as a consequence of nighttime aircraft noise exposure

- The Adverse Effects of Environmental Noise Exposure on Oxidative Stress and Cardiovascular Risk

- Environmental Noise and the Cardiovascular System

- Noise Annoyance Is Associated with Depression and Anxiety in the General Population- The Contribution of Aircraft Noise

- Environmental stressors and cardio-metabolic disease: part I–epidemiologic evidence supporting a role for noise and air pollution and effects of mitigation strategies

- Effect of nighttime aircraft noise exposure on endothelial function and stress hormone release in healthy adults